Buchvorstellung: "Jeanloup Sieff, 40 Jahre Fotografie"

sieff-2048 "Jeanloup Sieff, 40 Jahre Fotografie" ist definitiv einer meiner Lieblings-Bildbände. Denn zum einen sind die Bilder von Jeanloup Sieff (1933-2000) wirklich einzigartig, dazu gleich, zum anderen ist das Buch sehr schön gemacht, gedruckt, großformatig - aber gebraucht locker für unter 20 Euro zu bekommen – #NoBrainer. Vor allem aber hat Sieff vor allem alles von etwa 21mm bis 28mm an Objektiven verwendet. Und ist damit a) eine super Inspiration, wenn man sehen will, was mit diesen Brennweiten, mit viel Weitwinkel, möglich ist. Und damit b) eine willkommene Abwechslung zu den Bressonschen, sehr klassischen 50mm...

Wenn ich den Stil von Sieff beschreiben müsste, dann würde ich sagen: sehr innovativ (insbesondere für seine Schaffenszeit), aufregend, extrem, sehr kontrastreich, witzig – und ausschließlich schwarz-weiß. Ich weiß nicht, ob ich von Jeanloup Sieff jemals eine Farbfotografie gesehen habe. sieff-2049

 

 

 

 

 

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Jeanloup Sieff wurde 1933 geboren. Und hat in den 1950ern mit der professionellen Fotografie begonnen. Zunächst für Magnum, dann vor allem als Modefotograf. Und dabei für alle berühmten Magazine gearbeitet, ob Elle, Vogue, Harper's Bazaar oder Esquire. Er hat viel in New York gearbeitet, später in Paris... und mehr muss man eigentlich nicht wissen. Seine Bilder sprechen für sich. Und glaubt mir: Den Kauf des Buches werdet Ihr auf keinen Fall bereuen! sieff-2052 sieff-2053 sieff-2054 sieff-2055

Buchvorstellung: "Road to seeing" von Dan Winters

Road to seeing-2034 Heute will ich nur kurz ein sehr lesenswertes Foto-Buch vorstellen: Road to seeing von Dan Winters. Es ist kein Bildband im engen Sinn. Und der Preis von über 80 Euro für die gebundene Ausgabe lässt einen auch kurz schlucken. Aber ich halte es für eines der schönsten Bücher über Fotografie, das in den letzten Jahren erschienen ist.

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Der Autor, Dan Winters, ist ein amerikanischer Fotograf, der nach Stationen in New York und Los Angeles mittlerweile vor allem in Texas lebt und arbeitet. In Road to seeing erzählt er über sein Leben, seinen Werdegang. Aber vor allem über Bilder, Fotostrecken und ihren Hintergrund: Was war das Assignment? Was ist die Hintergrundgeschichte? Wie ist er das Thema als Fotograf angegangen?

Er beschreibt die goldenen Zeiten für Werbefotografen im New York der 1970er, erzählt von Begegnungen mit berühmten Fotografen und Vorbildern. Und zeigt viele seiner wunderbaren Fotos. Road to seeing-2045 Road to seeing-2047

Was ich am lehrreichsten und spannendsten finde, sind die schon erwähnten Geschichten hinter seinen Aufträgen: Ob ein Celebrity-Porträt für die New York Times oder eine Bildstrecke für Texas Monthly. Winters erklärt ausführlich, wie er die Bildidee entwickelt hat, wie man einen Setbau plant, was es an technischen Herausforderungen gab. Oft fühlt es sich so an, als wäre man tatsächlich dabei. Und könnte einem großartigen Fotografen assistieren.

Sicher ein teures Buch: Aber wer es als Workshop sieht, als Anleitung und Guide-Book, um bessere Fotos zu machen und um seinen fotografischen Horizont zu erweitern, der wird den Kauf nicht bereuen (Ach ja: Entschuldigt bitte die schlechte Qualität meiner Buchfotos; aber sie reichen hoffentlich aus, um einen ersten Eindruck zu bekommen).

The Art of Absagen: Wie man vernünftig Nein sagt

Allein der Titel dieses Posts klingt schon krass trivial. Aber wenn uns bei mymuesli jemand fragt, was für ein Startup am schwierigsten ist, dann antworte ich oft: Nein sagen. Viele Gründer kennen das: Man bekommt die ganze Zeit vor allem gut gemeinte Ratschläge. Zuerst von Freunden und Familie, irgendwann dann vielleicht von ersten Kunden und (manchmal leider) auch von vielen Nicht-Kunden. Und wenn es dann mal besser und besser läuft, dann kommen die ersten Kooperationsanfragen. Spätestens dann muss man vermutlich zum ersten Mal Nein sagen. Aus meiner Sicht kann man dabei aber viel falsch machen. Und wenig Dinge produzieren so viel zeitlichen Müll hinten raus, wie eine schlechte Absage.

Deswegen diese fünf sehr subjektive Ratschläge dazu:

1. Bei emotionalen Emails, wenn einen der Inhalt nervt oder sogar verletzt, immer (wirklich immer!) eine Nacht drüber schlafen, erst am nächsten Morgen sachlich antworten. Ich hab's jedes Mal bereut, wenn ich es nicht getan habe. Geht Euch vermutlich auch so.

2. Wenn wirklich kein Interesse besteht: Leave no open loops. Das mache ich selbst noch viel zu oft falsch. Aber wenn man weiß, aus welchem Grund auch immer, dass eine Zusammenarbeit, ein Treffen oder eine Kooperation zu 99% keinen Sinn ergibt, dann sollte Nein auch Nein bedeuten. Zu leichtfertig tippt man "lassen Sie uns in 6 Monaten nochmals sprechen" oder "ist später vielleicht für uns interessant" – dabei weiß man manchmal schon: Hat keinen Sinn. Wird nichts.

In diesen Fällen braucht es einen konsequenten Nein-Satz, der muss weder unfreundlich noch drastisch, aber deutlich sein: "Das passt leider nicht zu uns, aber vielen Dank, dass Sie an uns gedacht haben" VS "Das passt leider grad nicht, aber lassen Sie uns in sechs Monaten nochmals sprechen"

3. Immer freundlich: Mir fällt aus den letzten Jahren kein einziger Fall ein, wo bei einer pampigen Email eine pampige Antwort von mir oder uns es irgendwie besser gemacht hätte. Ergo würde ich immer nett bleiben. Alles andere hat eh keinen Sinn.

4. Immer mit Respekt: Respekt ist nicht gleich nett oder höflich: Ich kann auch sehr nett sein, aber dennoch unverschämt und von oben herab. Eine Koop-Anfrage oder ein langes Feedback hat den Email-Schreiber viel Zeit gekostet. Das heißt nicht, dass man in der gleichen Länge antworten muss, das wäre absurd. Aber eine Anrede sollte Pflicht sein, und auch ein kurzes: "Danke für Deine / Ihre Email und die vielen Gedanken und Ideen" oder ähnliches.

5. Konstruktiv sein: Ich freue mich immer, wenn mir jemand konstruktiv absagt. Zum Beispiel hab ich gerade am Anfang von mymuesli sehr oft Absagen auf Pressemeldungen bekommen. Manche Journalisten haben mir mit Hinweisen oder Tipps geantwortet, was ich besser machen könnte oder sollte. Das fand ich ziemlich gut: Du bekommst eine Absage, aber dennoch ist Dein Gegenüber höflich (siehe 4.), und hat sich auch noch Gedanken gemacht – und wenn es nur ein Satz ist.

Das war's. Ein profanes Thema auf den ersten Blick. Doch ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass in vielen Emails und Absagen nicht mal eine der obigen Regeln beherzigt wird. Doch bekanntlich sieht man sich ja immer 2x...

Foto-Freitag: Welche Festbrennweite kaufen?

Welche Festbrennweite kaufen? Immer Freitags schreibe ich über ein Foto-Thema. Nicht weil es mir besonders viel Traffic oder Speaking-Aufträge bringt. Sondern weil man immer das machen sollte, worauf man Lust hat. Bloggen über Foto-Dinge, oder ein Startup gründen. Aber darum geht's an anderen Tagen auf diesem Blog. Heute ein kurzer Post zur (vielleicht ersten) Festbrennweite für Deine Kamera. Also ein Objektiv ohne Zoom.

Warum kauft man so etwas überhaupt?

Berechtigte Frage, denn schließlich ist Zoom phänomenal praktisch. Ich besitze allerdings kein einziges Zoomobjektiv, denn Festbrennweiten haben unter anderem diese fünf Vorteile:

  • Man bekommt oft eine bessere Bildqualität, da die optische Konstruktion weniger Kompromisse erfordert als bei Zoom-Objektiven
  • Man lernt: Denn wenn man nicht zoomen kann, muss man sich bewegen, und die Bild-Komposition profitiert oft davon
  • Festbrennweiten kann mans ehr kompakt und leicht bauen
  • Es gibt echte Schnäppchen, die ein Zoomobjektiv mit viel höherem Preis deutlich in fast allen Kategorien schlagen, vor allem bei der Bildqualität
  • Bokeh oder "mehr" Blende: Bei einem klassischen 50mm-Objektiv habt Ihr bei vielen Herstellern 1,4, 1,8 oder vielleicht 2,0 als Anfangsblende. Das heißt, Ihr könnt den typischen Schärfe-Unschärfe-Effekt noch besser erzielen, den sich viele wünschen, denn Zoomobjektive haben als offenste Blende oft nur 3,6 oder 4. Und die Blende ist einer der Faktoren, der das Bokeh deutlich beeinflusst.

Aber mit welcher Festbrennweite fange ich nun an?

Es gibt fast jede Brennweite auch als Festbrennweite zu kaufen. Der Klassiker, das sog. Normalobjektiv, sind 50mm.

50mm. Hier wird nichts verzerrt, vergrößert, kein Weitwinkel. Es fühlt sich ein bisschen so an, als würde man durch eine Fensterglas-Brille schauen: keine optische Veränderung sichtbar. Henri Cartier-Bresson hat fast alle seine Fotos mit 50mm gemacht. Und ich hatte an meiner ersten, analogen Contax auch nur ein 50er oder Nifty Fifty, wie es im Englischen oft genannt wird.

Damit würde ich anfangen. Schon ob des geringen Anschaffungspreises bei fast allen Herstellern. Jeder hat eigentlich ein günstiges 50er im Angebot. Bei Crop-Kameras verlängert sich die Brennweite entsprechend, meist um ca. 1,5. Dann wird aus dem 50er ein leichtes Tele mit 75mm. Perfekt für Porträts, Food-Fotografie oder andere Stillleben. Und mit richtig schönem Bokeh.

35mm. Ich liebe 35mm, die klassische Reportage-Brennweite. Meine Fuji X100t hat umgerechnet auf Kleinbild 35mm, an meiner Canon 6d ist fast immer ein 35mm-Objektiv dran. Man sieht mehr als beim 50er, aber es verzerrt nicht so wie ein 28er oder gar 24mm-Objektiv.

28mm Eher ungewöhnlich, das als erste Festbrennweite zu kaufen. Aber es gibt auch Fotografen, die fast ausschließlich mit dieser Brennweite, dem klassischen Weitwinkel, fotografiert haben, etwa Jeanloup Sieff. Bei den Sony-FE-Objektiven für die A7-Kameras ist das 28er eine wirklich preisgünstige Festbrennweite; viel, viel erschwinglicher als das teure Zeiss mit 55mm. Aber dazu gleich.

Kaufempfehlungen für Nikon, Canon und Sony

Ich fange mal mit Nikon an: Ein kleineres Objektiv mit „viel Licht“ und Handlichkeit ist, sofern man keine Nikon-Vollformat hat, das Nikon 35mm 1:1,8 AF-S DX für ca. 199 Euro. Ich würde hier nicht lange überlegen, das ist definitiv ein No-Brainer... Wer möchte, der kann dann für seine DX später noch eines der 50er, das 1,4 oder das günstigere 1,8, dazu kaufen. Aber mit diesem Objektiv macht man nichts falsch. An Vollformat würde ich je nach Budget das eben erwähnte 1,4 oder 1,8 nehmen. Tipp: Wer sich einen so teuren Body kauft, der sollte beim Glas eher nicht sparen, nehmt lieber das 1,4er.

Canon: Ganz klar das (neu aufgelegte) 50mm 1:1,8. Unter 150 Euro (!). Und kann man immer gebrauchen, ob an Crop oder an einer Vollformat wie der 6d oder 5D Mark III. Gut sind auch noch die beiden Pancake-Objektive, das 24mm für Crop und das 40mm für Vollformat. Als erste Festbrennweite im Arsenal würde ich aber das 50er nehmen. Das 1,4er ist deutlich wertiger, aber kostet auch mehr als das Doppelte.

Sony: Ich hatte mal das Zeiss 55mm. Das Objektiv ist der Wahnsinn. Die Schärfe unglaublich. Aber es kostet trotz Preissenkung immer noch knapp 800 Euro. Das ist schon wirklich viel Geld für die meisten Amateure. Deswegen: Auch das recht neue 50er ist gut, kostet keine 400 Euro. Und immer noch die Hälfte vom 35er, das auch nur eine Anfangsblende von 2,8 aufweisen kann. Für eine Crop, zB die a6000, würde ich das 35mm 1,8 empfehlen. Teuer. Aber sehr gut. Man braucht eigentlich kein anderes Objektiv mehr in 85% der Fälle.

Ich hoffe Du hast jetzt schon einen Favoriten und eine Antwort auf die Frage Welche Festbrennweite kaufen gefunden... Auf jeden Fall viel Spaß damit! Und wer noch mehr Meinungen lesen will: Hier, bei Lichtpoesie, kann man zum Beispiel noch weitere Gedanken zum Thema finden.

10 reasons why you should buy a film Leica M

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I never thought I'd go back to shooting film again. Ever since I've bought my first digital camera or took the first photographs with my smartphone I was intrigued by the fact that I could see instant results. It's awesome not having to wait for days until you can see your picture. But then again... I remembered the fun, the excitement, the pleasant anticipation... enter the Leica M6.

I don't remember exactly what made me look for a Leica M in the first place. But there I was, searching eBay night after night. had until I found the camera of my dreams: It had only been used five times according to the seller (Leica enthusiasts know of course that a camera that hasn't been used for close to 30y isn't always in good working conditions, but luckily mine was). It came with a 35mm 2:0 Summicron. And while unboxing it I was thinking if I had made a very big mistake. Would I really want to shoot film again? How do you focus with this thing? Should I set up my own darkroom? And then I started shooting...

Well, almost. Putting a roll of film into a Leica M6 isn't that easy after all. But thanks to YouTube I quickly found a tutorial explaining the task. And ready I was to become Berlin's new Cartier-Bresson. It's funny at first, not having a LCD to check your images, only using the aperture ring, the focus tab on the lens and not having to worry about anything else but the shutter speed. But as you might have guessed by the title of this post I loved the Leica M experience almost instantly. Here's why: My ten reasons why you should buy a film Leica M...

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1. It's fun Taking pictures with a Leica M is ... I don't know, it's just an awesome experience. The way the camera feels in your hand, the weight, the craftsmanship, the ease of use. It's the perfect tool.

2. It's a good investment A digital Leica ... that's another story. But an analog Leica M Rangefinder isn't that expensive after all. I won't get into the details and differences between the various models, from the good old M3 to the M7 (I personally prefer the - non TTL - M6), but whatever body you choose: You'll be able to sell again it in an instant, and unlike almost all digital cameras it won't loose most of its value after a few years. The lens: Please go for a Leica. I know, Voigtländer prices look tempting and don't get me wrong: Their lenses are quite capable. But there's nothing like shooting with a real Leica lens. And yet again: It's expensive, but hast great resale value.

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3. You'll learn a lot Incredibly true: Not having a rear LCD to check your picture every time makes a hell of a difference. And since you're limited to about 36 pictures per roll of film you will choose wisely which shots to take – and thus concentrate a lot more, choose your subjects with caution and think twice about your shutter speed and aperture... And quickly learn to anticipate the correct exposure.

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4. It feels good to own an icon Yes it does. Arguably a Leica M is one of the most iconic if not the most iconic camera ever made. And think about who has used these cameras over the past decades... Bresson, Fred Herzog, Elliot Erwitt, Jeff Mermelstein or Bruce Gilden to name just a few. Buying a Leica M won't make you and me one of them. But shooting with it makes you feel like the next iconic shot could just wait around the corner.

5. You'll make new friends Trust me on that one. If you meet another Leica shooter anywhere in the world, you'll almost instantly have a new friend and lots of topics to talk about. Its like a worldwide club of nice people sharing the same passion. Yeah, sure, there some rich guys who just bought an expensive peace of gear. But you'll know the difference right away.

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6. Your hipster level goes up Buy a leather strap, wear your Leica M around the neck and walk the streets of Kreuzberg or Williamsburg or any other street credible neighborhood – you'll fade right in.

7. Film is beautiful I really love VSCO, especially on my smartphone, and their film emulating technology. But nothing beats the original. I was mesmerized when I looked at the first photographs from my new Leica M. And you will feel the same way. Kodak Portra and Ektar are among my favorites.

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8. It's quiet Street Photography can be scary at first, walking up to strangers, talking their picture - hoping they won't notice. Your new old Leica M will help you tremendously in overcoming your fear. It's so quiet, small and discreet, not many people will even notice you let alone the incredible silent shutter sound.

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9. It takes great pictures Leica's lenses are among the best in the world. Paired with a Leica: a combination that's hard to beat.

10. You'll never need another camera (maybe a lens) Digital cameras, girlfriends, boyfriends, pets and apartments, they'll all fade and go away at some point. But you're Leica will stay, forever if you want it to. And as long as they keep making film, which they will, you're good. Unless you need money, bit then again: see reason 2.

Drei Lieblings-Mac-Apps für 2015

Was macht ein moderner, digitaler Mensch über die Feiertage? Genau, den Computer aufräumen, ein NAS einrichten oder vielleicht Backups. Wilde und gefährliche Dinge eben, die aus einem ausgefüllten Leben nicht mehr wegzudenken sind. Und dabei entdeckt man ja auch viele neue (App)-Freunde oder mag die alten einfach noch mehr... Drei Mac-Apps will ich kurz vorstellen... 1. f.lux f.lux Hatte mir Hubertus kürzlich empfohlen. f.lux ist eine sehr simple App, die schlicht die Farbtemperatur des Bildschirms verändert:

f.lux is free software that warms up your computer display at night, to match your indoor lighting

Das funktioniert wirklich gut, und der gelbe Bildschirm macht viel Freude und lässt einen gefühlt auch besser schlafen. Leider nicht für iOS verfügbar, außer man geht den Weg des Jailbreaks, aber das traue ich mich nicht (mehr).

 

2. 1Password Es muss ein Leben vor 1Password gegeben haben, aber ich habe nur düstere und traurige Erinnerungen daran. 1Password ist ein Passwort-Manager, der alle LogIns, Passwörter und ähnliche Daten speichert und via Cloud (zB Dropbox) synchronisiert, so dass man sie auf allen Macs und iOS (oder anderen) Geräten immer zur Verfügung hat. Geschützt sind die Daten alle durch ein selbst gewähltes Master-Passwort. Verbunden mit dem eingebauten Passwort-Generator, einer Watchtower-Funktion, die vor gehackten Seiten warnt und der TouchID-Funktionalität auf iOS (nur mit dem Fingerabdruck kann man sich in Safari und manchen Apps via 1Password ganz einfach einloggen) ist das Programm ein Segen. Es kostet ca. 50 USD, aber ist jeden Cent wert.

 

3. Backblaze Über Backblaze hatte ich ja schon kurz an anderer Stelle geschrieben, aber es bleibt dabei: Wer Angst hat, seine Daten zu verlieren, der sollte Cloud-Backups machen, wenn er nicht zB eine zweite Backup-Festplatte, die immer auf dem aktuellsten Stand ist, an einem anderen Ort aufbewahrt. Egal wie viele Daten man hat: Backblaze kostet immer nur 5 USD pro Monat und macht alles automatisch.

Zehn ausgewählte Bücher für Gründer und Startups

Buchtipps für Gruender Eine definitive Liste der zehn besten Bücher für Gründer? Mit Friedemann Karig hatte ich vor einiger Zeit die ein oder andere Twitter-Konversation über dieses Listen-Phänomen: Stammgäste in jeder Timeline sind sie, die Klick-freundlichen Hinweise auf zehn oder fünf oder 13 Dinge, die man unbedingt lesen oder tun oder sehen muss, bevor man stirbt oder heiratet oder ohne die man einfach nicht existieren kann. Und bei aller berechtigter Kritik (weil sich in vielen Fällen eher um undufte Inhalte handelt) – über gute Listen freut sich dann doch jeder. Also wollte ich selbst mal eine zusammenstellen: genau, über Bücher für Gründer. Ob die nun gut ist, müssen andere entscheiden. Natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit, ein paar Favoriten der Lesefröschchen aus dem mymuesli-Team, Klassiker und auch Bücher, die nicht in jeder Reading-List auftauchen... vielleicht hat der ein oder andere ja noch einen weiteren (ungewöhnlichen) Tipp? Los geht's...

1. Palmen in Castrop Rauxel

Ich hab in einem anderen Post schon ausführlich(er) über dieses Buch von Dennis Betzholz und Felix Plötz geschrieben. Es entstand aus einem Crowdfunding-Projekt heraus. Die Geschichten darin erzählen nicht von 100 Millionen Umsatz binnen acht Wochen, sondern von Träumen oder Zufällen, aus denen großes und mittelgroßes wurde, und am Ende sind alle Protagonisten glücklich mit dem Weg, den sie eingeschlagen haben... und der Leser ist es auch. Und inspiriert sowieso.

 

2. The 22 immutable laws of branding

Kein Werk, das typischerweise auf einer Liste der Bücher für Gründer und Startups auftauchen dürfte. Doch das ist ein Buchtipp, den ich etwa 2005 von Hubertus bekam: Al Ries ist eine amerikanische Marketing-Legende und hat dieses Buch zusammen mit seiner Tochter geschrieben. Es geht um Markenaufbau. Genauer werden 22 Gesetze behandelt, die man für eine supercalifragilisticexpialidocious brand beachten sollte, ja muss, wenn es nach Al Ries geht. Am wichtigsten ist ihm: Fokus. Und den verliert man ja im Tagesgeschäft schnell mal. Das Buch lohnt sich also auch als Nachschlagewerk.

 

3. The Fall of Advertising and the Rise of PR

Noch ein Al und Laura Ries Buch, mit einer nicht wirklich komplizierten Botschaft: Klassische Werbung hat gerade am Anfang wenig Glaubwürdigkeit für Unternehmen und Startups, deswegen braucht man gute Geschichten, gute PR, damit man street credibility bekommt und einem die Kunden überhaupt abnehmen, was man da so zu erzählen versucht.

 

4. Kopf schlägt Kapital

Absoluter deutschsprachiger Klassiker und wenn man Bücher für Gründer sucht, kommt man daran definitiv nicht vorbei. Allein schon für den Begriff der Konzeptkreativität muss man dieses Buch mögen.

 

5. Delivering Happiness

Wer sich beruflich schon mal mit Customer Service beschäftigt hat, auf entsprechenden Konferenzen war oder einfach nicht unter einem E-Commerce-Stein gelebt hat, der kennt Zappos. Und wahrscheinlich auch Tony Hsieh. Der hat Zappos gegründet, dieses Buch mit pathetischem Titel geschrieben und damit eine der meines Erachtens nach inspirierendsten Gründungsgeschichten des Online-Shoppings zu Papier gebracht.

6. The Toyota Way

Mit dem Deutschen Gründerpreis kamen bei uns die Unternehmensberater. Und wir waren ziemlich skeptisch, ob Porsche Consulting uns wirklich würde helfen können. Aber sie haben uns beigebracht, dass man mit klassischen Instrumenten der Produktionsteuerung viel erreichen kann, nicht nur in der Logistik, sondern in allen Bereichen eines Unternehmens. Dafür sind wir Ihnen sehr dankbar. Porsche selbst hat vor vielen Jahren selbst von Toyota gelernt. Die passenden Lean-Management-Prinzipien der Japaner finden sich in diesem Buch.

 

7. Predictably Irrational

Ein Roundhouse-Kick der Startup-Literatur. Augenöffner und sogar als Urlaubslektüre geeignet. Man will gar nicht zu viel verraten, aber ich kenne keinen, der das Buch nicht mochte.

 

8.  The Happiness Hypothesis

Viel Unglück und Frust kommt gerade bei Gründern vom Horizontalvergleich: Der ist zwar manchmal ganz hilfreich, aber am Ende muss doch jeder seinen eigenen Weg finden. Und damit glücklich werden. Dabei ist der horizontale Vergleich meistens die Eiger-Nordwand: schwer zu überwinden. Das Buch zeigt, worauf es für (das eigene) Glück ankommt, und es gibt vielleicht doch einen Umweg zum Gipfel.

9.  Steve Jobs (stellvertretend für viele Biographien)

Biographien. Die lieben wir doch alle, weil uns Vorbilder inspirieren. Es gibt (gerade von Unternehmern) unzählige gute Lebensgeschichten, ob von Richard Branson oder von Yvon Chouinard, dem Gründer von Patagonia. Die Biographie von Steve Jobs mochte ich wie Millionen anderer Leser sehr gern, über Jobs ist schon viel, viel, viel geschrieben und gesagt worden. Wer das Buch noch nicht gelesen hat, sollte es tun.

 

10. Story

Wer Adaption (im Original: Adaptation) gesehen hat, der kennt Robert McKee und seine Seminare für angehende Drehbuchschreiber. Im Film kommt er weniger gut weg, aber das ist eine andere Geschichte, ein anderes Drehbuch gewissermaßen. Sein Buch würde ich trotzdem empfehlen. Denn es behandelt die Grundzüge, die jede gute (Hollywood)-Geschichte braucht. Gerade diese Geschichten fehlen aber nicht nur beim Marketing oder besser der PR mancher Gründungen, sondern auch bei vielen Vorträgen, Präsentationen... was sehr schade ist. Es gibt noch unzählige andere  Beispiele, die von gutem Storytelling profitieren. Das Buch ist dafür eine gute Grundlage. Außerdem spart man sich ein teures Seminar.

(Hinweis: Die Links zu den Büchern verweisen auf Amazon. Ich kenne nämlich Euren lokalen Buchladen nicht. Aber der freut sich auch, wenn er ein Buch für Euch bestellen kann. Mein Tipp wäre, den auch zu unterstützen, es lebe die Vielfalt. Doch ob und wo man dann am Ende eines oder mehrere dieser Bücher kauft, das möge jeder selbst entscheiden). 

(Und noch ein Hinweis: Ich liebe Fachbücher, Bücher für Gründer, Bücher für Startups... doch aus meiner Sicht lohnt es sich absolut und total, auch und oft keine Sachbücher, sondern Belletristik zu lesen, was für viele ambitionierte Menschen und Selbstoptimierer verrückt klingen dürfte. Aber ich könnte es nicht ertragen, immer nur Fachliteratur zu konsumieren und keinerlei Ablenkung zu haben... ). 

Ein Buchtipp: Palmen in Castrop-Rauxel

Es war ein heißer Tag Anfang Mai, eigentlich der erste heiße Tages Jahres, wenn ich mich richtig erinnere. Und ich sitze im Regionalexpress nach Saarbrücken, die Stimmung im Großraumabteil paniert von drei amerikanischen Studenten, die sich freuen, "tonight like totally hammered" durch Nürnberg zu ziehen (welche Rolle dabei der Regionalexpress nach Saarbrücken spielt, das konnte ich nicht ergründen).

Ich hatte ein paar Tage vorher ein Buch im Briefkasten gefunden, das schon wieder aus meiern Erinnerung verschwunden war, und es einfach spontan in den Koffer geworfen: Palmen in Castrop-Rauxel - Mach Dein Leben außergewöhnlich!

Zeitsprung, Herbst 2013. Ich bekomme eine Email von einem Felix Plötz, der mich fragt, ob wir mit mymuesli nicht ein Crowdfunding-Projekt für ein  Buch unterstützen wollen. Ich sage ihm ab (weil wir das Thema Entrepreneurship zum Beispiel durch viele Vorträge pushen), aber hatte auf Startnext zumindest eines der Bücher bestellt.

Etwas mehr als ein halbes Jahr später bin ich in besagtem Regionalexpress auf den letzten Seiten des Projekts angelangt – und freue mich: Denn Felix Plötz hat mit seinem Co-Autor Dennis Betzholz genau das getan, wovon viele andere träumen. Sie haben ein Buch geschrieben, sie haben es durch Crowfunding finanziert und die vielen Unterstützer halten es jetzt tatsächlich in den Händen.

In Palmen in Castrop-Rauxel geht es um... Träume. Und Menschen, die sie leben, ihr eigenes Ding machen, ob als Palmenverkäufer aka Palmenmann oder als Rettungssanitäter mit paralleler DJ-Karriere (und abertausenden Fans). Und seit diesem Tag im Mai habe ich das Buch bei fast jedem Vortrag gezeigt oder davon erzählt, es vielen Freunden empfohlen, Gründern ans Herz gelegt und selbst begeistert in einem Rutsch (da fehlt mir noch ein schönes Synonym) gelesen. Fotografieren konnte ich es nicht für diesen Blogpost: Ich hab's sofort verliehen.

Denn es predigt keine Erfolgsrezepte, oder verkompliziert unser Denken mit unzähligen Schemata und Pseudo-Erfolgsanleitungen. Man landet nicht in der von Raul so trefflich beschriebenen Analyse-Paralyse. Es ist eine Inspirationsquelle: Die Protagonisten aus dem Buch sind ihren Träumen gefolgt. Und deswegen sollte man es kaufen und lesen: Weil es aus einem Traum entstanden ist und sicher dabei hilft, die eigenen zu verwirklichen. 

Eine besondere App: Fünf Minuten Deiner Zeit für Wheelmap

Es geht los mit einem Duell, aber eigentlich geht es um eine virtuelle Karte. Und die Frage, wie wir alle fünf Minuten unserer Zeit sinnvoll nutzen können. 

1829, England, Battersea Fields: Dort wo sich heute der Battersea Park befindet, hatten sich der Duke of Wellington und der neunte Earl of Winchilsea am 21. März zu einem Duell getroffen. Der Earl hatte Wellington beleidigt. Und der ihn daraufhin zu einem Duell herausgefordert. Blöd gelaufen, aber die Ehre sollte wiederhergestellt werden. Das ist auch (formell korrekt) passiert – und trotzdem haben beide überlebt. Dazu später.

Mit dieser Geschichte beginnt das Buch The Honor Code: How Moral Revolutions Happen von Kwame Anthony Appiah, Professor für Philosophie in Princeton. Es geht um Ehre (hat man anhand des Titels fast vermutet) und welchen Einfluss sie auf moralische Revolutionen hatte und haben wird. Klar ist: Ein Duell mit möglicher Todesfolge wäre heute, zumindest in unserem Kulturraum, eher ungeeignet um die eigene Ehre nach einer (im Fall das Dukes auch nach heutigen Maßstäben nicht so gravierenden) Beleidigung wiederherzustellen. Und das ist ja auch ein ganz schöner Zustand. Das Buch beantwortet die Frage, wie es zu dieser Entwicklung kommen konnte: Warum es keine Duelle mehr gibt und sie auch kaum Sinn ergeben (im Sinne der Ehre). Und wie und unter welchen Voraussetzungen sich Moralvorstellungen derart gravierend ändern können.

Schon für diesen Buchtipp hatte sich der Vortrag von Lisa Herzog von der Uni Frankfurt gelohnt. Vor einigen Monaten sprach sie in Karlsruhe über veränderte Werte der Generation Y. 

Ihr Fazit (wie das des Buches übrigens) war spannend:
In der Zukunft wird gesellschaftliches Engagement die Regel sein, nicht die Ausnahme. So wie Duelle oder die Sklaverei moralisch nicht mehr tragbar, nicht mehr vorstellbar sind, wird es ebenso wenig „in Ordnung sein“, sich nicht gesellschaftlich zu engagieren. Zukünftige Generationen werden also ähnlich verwundert auf unsere Generation schauen und (wie wir selbst etwa im Fall der Sklaverei tun) die zwingende Frage stellen: Wie konnten sie nur? Oder wie konnten sie eigentlich nicht?

Wenn ich mal mein eigenes soziales Umfeld nehme, dann ist gesellschaftliches Engagement, beispielsweise durch Ehrenämter oder auch regelmäßiges Spenden, eher die Ausnahme. Warum das so ist, dazu kann man etwa Appiahs Buch lesen, aber die Folgen sind ja eindeutig: Stand heute machen nur wenige was für einzelne oder viele. Unsere Generation ist derzeit eher mit ihren eigenen Problemen beschäftigt. Wenn man es nüchtern betrachtet und provokant formuliert, dann ist es uns fast egal, ob es anderen, mit denen wir nicht verwandt oder befreundet sind, gut oder schlecht geht. Klar gibt es da Sinusschwankungen, mit Amplituden zu Weihnachten oder je nach weltweiter Katastrophe; glücklicherweise gibt es die. Regelmäßig macht aber kaum einer was.

Das wäre vielleicht anders, wenn man mit wenig Aufwand oder wenig Geld schon einen Unterschied machen könnte. Wenn es um tatkräftige Mithilfe, dann haben viele wahrscheinlich einfach keine Vorstellung, was sie denn so machen könnten. Oder schlicht keine Zeit.

Ok, fair enough. Doch kann man sich nicht auch mit wenig Geld und wenig Zeit engagieren? Macht ein Euro einen Unterschied? Und was, wenn man sich schon mit fünf Minuten pro Woche durch Hands-on-Hilfe engagieren könnte? Würde das unsere Generation, würde mich das motivieren? Denn um kurz auf Appiahs Buch zu verweisen – Engagement macht uns glücklich, und das haben in den letzten Jahrhunderten auch immer mehr Menschen erkannt:

Clearly, morality, in this sense, is an important dimension of ethics: doing what I should for others is part of living well, and one of the distinctive features of the last few centuries has been a growing appreciation of the obligations each of us has to other people.

Leider tun wir uns allgemein schwer mit der Vorstellung, dass viele kleine Beiträge einen großen ergeben. Das ist für mein nachfolgendes Plädoyer, dass sich Kleinst-Beiträge, ob finanziell oder tatsächlich, lohnen, eher hinderlich. Aber vielleicht gibt es ja tolle Beispiele, die uns das Gegenteil zeigen und meine These stützen?

Die würde ich gerne finden. So viele wie möglich. Schritt für Schritt. So schwer kann es doch nicht sein. Einige da draußen haben doch sicher einen Masterplan. Und können uns verraten, fünf Minuten unserer Zeit verändern können.

Auftritt Raul Krauthausen an einem Morgen im März – wie die beiden Duellanten. Doch Raul hat leider seine Pistole vergessen, also gehen wir doch einen Kaffee trinken. Raul hatte ich eine Email geschrieben mit meinem Wunsch: Menschen zu treffen, die wissen, was man mit ein paar Euro – vor allem aber mit fünf Minuten seiner Zeit bewirken kann.

Es tut mir fast leid, ihm Zeit zu stehlen. Denn Raul ist Aktivist. Und als solcher ein schlechtes Beispiel für minimales gesellschaftliches Engagement, ich kenne wenige in meinem näheren Freundes- und Bekanntenkreis die so viel für andere tun. In diesem Video erklärt er selbst (besser als ich es könnte), wer er ist und was er tut: Berliner. Glasknochenbesitzer. Aktivist. 

Raul hatte ich getroffen, um mehr über die Wheelmap zu erfahren, ein Projekt das er mal auf dem Barcamp Berlin zusammen mit Holger Dieterich vorgestellt hatte. Um das noch gleich vorweg zu nehmen: Raul ist kein Einzelkämpfer und wäre sicher der letzte, der Wheelmap oder andere Projekte des von ihm gegründeten Vereins Sozialhelden für sich als Einzelleistung in Anspruch nehmen würde. Aber er ist gut darin, die Dinge zu erklären und Vorsitzender der Sozialhelden.

Das Grundprinzip ist schnell erklärt: Wheelmap ist eine Karte zum Suchen und Finden rollstuhlgerechter Orte – mehr als 420.000 sind bereits bewertet. Ganz simpel nach einem Ampelsystem:

Und was meinen Wunsch nach Mini-Unterstützung angeht, ist die Wheelmap tatsächlich ein wunderbares Beispiel: Mit der App kann jeder mitmachen und Orte um sich herum, die er in seiner Stadt oder auf Reisen besucht, bewerten. Man dafür nicht selbst in seiner Mobilität eingeschränkt sein. Das war ehrlich gesagt einer meiner ersten Fragen: Kann ich denn überhaupt bewerten, ob der Ort barrierefrei ist? Ja, sagt Raul. Man kann auch Fotos (zB vom Eingang) hochladen, dann kann sich jeder, der den Ort besuchen möchte, vorab ein Bild machen und abschätzen, wie er mit den Gegebenheiten vor Ort zurechtkommen wird.

Es gibt viel Bedarf für diese Informationen: Denn obwohl Deutschland auf der Wheelmap schon ganz gut erfasst ist, sind immer noch viele Orte grau. Viel zu viele. Gerade außerhalb der Ballungszentren. Unglaublich eigentlich, dass die Map derzeit nur einen Developer hat, der sie weiterentwickeln kann. Unterstützt wird das Projekt zum Beispiel von Immoscout, der Aktion Mensch und FedEx.

So, aber zurück zum Thema: Aktiv werden. Zunächst App runter laden, bitte jetzt machen. Keine Sorge: Die Wheelmap-App gibt neuen Nutzern konkret Hinweise, welche Orte noch erfasst werden müssen. Unter dem Menüpunkt Mithelfen sieht diese nach Entfernung zum eigenen Standpunkt geordnet. Außerdem ist die Webseite exzellent, hier steht alles, was man über das Mappen wissen muss. Auch ein Handout kann man downloaden. 

Am Anfang brauchte ich ein bisschen Eingewöhnungszeit, man muss, wenn man selbst nicht in seiner Mobilität eingeschränkt ist, Orte plötzlich ganz anders betrachten. Und selbst wenn der Ort am Eingang keine Stufen hat: Wie sieht es dann mit der Toilette aus?

Man fängt als Nutzer der App, als Mapper, zwangsläufig an, sich mit den Bedürfnissen und der Lebenswirklichkeit anderer Menschen auseinanderzusetzen. Und stellt fest, wie viel Planung es braucht, wenn man auf Barrierefreiheit angewiesen ist. Darin liegt auch ihre Stärke. Sie ist viel mehr als ein Stadtplan. Raul nennt sie ein Kommunikationstool. Denn wir kommunizieren über Mobilitätsunterschiede,  über Zugangsmöglichkeiten und Schwierigkeiten in unserem Alltag oder dem anderer, nehmen unsere Umwelt neu wahr.

Das Tool und seine Gemeinschaft sind effektiv: Die Fehlerquote liegt bei nur zwei Prozent. Absichtliche Falscheinträge gäbe es kaum, erklärt Raul: „Denn wenn jemand etwas falsch einträgt, dann kann er gar keine Schadenfreude erleben, er ist ja nicht unmittelbar dabei“. Die App ist natürlich kostenlos. Sie basiert auf OpenStreetMap-Daten und lässt auch anonyme Beiträge zu.

Es ist schon Nachmittag in Berlin, unser Zusammentreffen haben wir glücklicherweise beide überlebt, wie auch der Duke und der Earl 185 Jahre vor uns. Schon die ersten Stufen auf dem Weg nach Hause, eine lange Treppe hinunter, bringen mich zum Nachdenken. Und ich sehe: Auch mit Rollstuhl käme ich den Supermarkt beim Büro. Mit ein paar Klicks und einer App, kann man schon unheimlich viel bewirken, wenn möglichst viele mitmachen. Das weiß ich jetzt. Fünf Minuten pro Woche reichen.